Lasst man ein Problem von Klient:innen beschreiben, dann ist wichtig, dass die Psychotherapeut:in sie reden lässt. Dies klingt vielleicht offensichtlich für Psychotherapeut:innen, die eine klientenzentrierte Ausbildung absolviert haben, liegt vielleicht nicht an der Hand für jemanden, der Lösungsorientiert arbeitet und sehr eifrig Richtung Ziel vorantreiben möchte!
Reden lassen ist auch im Sinne eine lösungsorientierte Arbeit wichtig, da es bindungsförderlich ist und Klient:Innen das Gefühl vermittelt, sie werden wertgeschätzt, ernst genommen und zugehört.
Man sollte beim Erstgespräch daher für diesen Teil genug Zeit (es kann ruhig 30 bis 40 Minuten in Anspruch nehmen) lassen. Mit der Suche nach Ausnahmen zum Problem sowie deren Lösungen sollte am Anfang sehr vorsichtig umgegangen werden, um Klient:innen nicht zu überfordern. Wichtiger ist, dass Klient:innen in ihrem Wesen und Erfahrungswelt von der PsychotherapeutIn gewürdigt werden.
Das Ziel beim Erstgespräch sollte dann ein Bild über die Not von Klient:innen zu bekommen. Psychotherapeut:innen sollten unterschiedserzeugende Interventionen sparsam einsetzen bzw. überhaupt bis Ende der Sitzung aufheben. Es besteht sonst die Gefahr, dass Klient:innen aussteigen oder dass am Ziel vorbei interveniert wird. Ohne eine gewisse Aktualisierung des Problemes ist es sehr schwer ein attraktives Ziel zu definineren und ohne ein Ziel ist eine Intervention sicherlich gut gemeint aber gut gemeint ist wie Gunther Schmidt pflegt zu sagen, nicht unbedingt gut und dies besonders wenn es keine Rücksicht auf die Expertise von Klient:innen nimmt!
Um das Problem in seinem Kontext gut verstehen zu können, kann man unter anderem folgende Fragen stellen:
- Wann tritt das Problem ein (Frequenz, Häufigkeit)
- Wer sind alle dabei, wenn das Problem auftritt? Wer tut was wann (vorher/nachher), wenn das Problem auftritt?
- Wo tritt das Problem am ehesten auf?
- Entwicklung des Problems (wann hat es zum ersten Mal aufgetreten, in Zusammenhang mit was?) und dessen Auslöse
- Sozial und innere Bezüge zum Problem
Im Dienst einer Arbeits- und Handlungsfähigkeit ist es manchmal wichtig das Problem anzugrenzen. Dies kann der Fall bei Klient:innen sein, die sehr viele Probleme und Themen mitbringen. Hier hilft eine Problemreihung, z.B. anhand einer Metapher des Rucksacks mit ganz vielen Gegenständen drinnen – wie groß sind die einzelnen Sachen – und eine dementsprechende Fokussierung auf den größten Brocken. Hier kann es auch zur Visualisierung hilfreich sein, wenn Klient:innen gebeten werden, ihren Rucksack auf einem Flipchart aufzuzeichnen.
Wenn am Ender der ersten Sitzung man mit der Problembeschreibung fertig ist aber noch nicht zur Zielearbeit gekommen ist, dann kann man dies als Hausaufgabe erteilen, als Brücke in dieser Richtung bis zur nächsten Sitzung, z.B
“… ich möchte ein bisschen auf die Zeit schauen… es ist sehr viel und Belastendes, was Sie bewegt. Wichtig ist für mich zu wissen, in welche neue Richtung Sie nun gehen möchten… wo unserere gemeinsame Reise hinführen soll… vielleicht möchten Sie das bis zum nächsten Mal überlegen…. und vielleicht bekommen Sie konkrete Ideen dazu oder vielleicht taucht ganz spontan ein Bild auf oder es kommt ein Satz oder eine Überschrift dazu… lassen Sie sich einfach überraschen…. und ich bin ganz gespannt, was sie das nächste Mal davon erzählen werden”.
Psychotherapeut (systemische Familientherapie), Paartherapeut (ICEEFT), Senior Coach Coach (ACC, IOBC), Hypnotherapeut, Traumatherapeut. Mitglied des Lehrkörpers bei diversen österreichischen und internationalen Fachtagungen sowie Author von diversen Artikeln und Beiträgen in Büchern.
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